Meine neuste kleine Kamera fand ich über eine Kleinanzeige

Einen Farbfilm und das nette Gespräch gab's gratis dazu.

Meine neuste kleine Kamera fand ich über eine Kleinanzeige
Dit is Berlin!

Ich habe über Kleinanzeigen einer schwedische Studentin günstig eine kleine Sucherkamera abgekauft, der man ihr Alter ordentlich ansieht. Scheinbar hat Ricoh in den 70ern ganz ordentlich gebaut, zumindest ist ihre/meine Kamera scheinbar schon dreimal von einem Volvo überrollt worden zu sein.

Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht ob die Studentin aus Schweden kam, Akzent und Name deuteten aber darauf hin, als wir uns an ihrem WG-Küchentisch kurz und englisch über die Filmfotografie austauschten. Schon das zweite mal, dass ich mit Kleinanzeigen-Expats in Berlin länger über Fotografie gequatscht habe, als ich eigentlich nur eine Schnäppchen-Kamera abholen wollte.

Apropos Schnäppchen: Es war sogar noch ein Film drin, von dem sie vermutete, er wäre schon abgelaufen. Erstaunlich ist es trotzdem, dass er noch zu so gefälligen Ergebnissen geführt hat. Dass der Film noch in der Kamera ist hatte sie nämlich selbst vergessen!

Entsprechend panisch schlug ich den Rückseitendeckel dann wieder zu, nachdem wir gemeinsam erst per Youtube-Tutorial herauszufinden, wie er überhaupt aufgeht. Auch wenn die Kamera derb benutzt aussieht, scheint die letzte derbe Benutzung schon länger als das Gedächtnis zurückzuliegen.

Abgelaufen war der Fuji-irgendwas mit ISO 400 jedenfalls nicht. Dass ich den behalten durfte trägt zur schnäppchenhaftigkeit meines gemachten Schnäppchens bei. Neu kostet eine Rolle so viel, wie ich für die ganze Kamera bezahlt habe.  Ich hätte zusammengafasst also nicht damit gerechnet, dass da wirklich ein paar brauchbare Schnappschüsse rauskommen.

Taten sie dann aber doch, wie sich nach dem Entwickeln rausstellte. Und für Schnappschüsse ist die Kamera in Jackentaschengröße perfekt: Die Fotos von Kreuzungen habe ich alle vom Fahrrad aus gemacht, an der roten Ampel wartend mit der Ricoh in besagter Jackentasche. (Und zumindest bei solchen Schnapschüssen spielt es auch keine Rolle, dass ich wegen dem Sucher die Distanz zum Subjekt abschätzen muss.)

Sogar unter extremen Lichtbedingungen sind die Ergebnisse noch gut, zumindest für Schnappschüsse halt. Die Sorge, dass meine Kamera beim The-Cure-Konzert von der Security der Mercedes-Benz-Arena eingesackt wird, bestätigte sich nicht. Vielleicht lag's daran, dass es einfach keine No-Photo-Policy gab, vielleicht machten die Schrammen am Gehäuse direkt klar, dass ich kein Profigerät reinschmuggeln will.

Schade eigentlich, dass der Film nicht total über jedes MHD abgelaufen war, aber. Sonst wären vielleicht experimentelle Ergebnisse herausgekommen, wie die, die die Studentin, deren Herkunfsland ich nicht weiß und deren Namen ich vergessen habe, mir vor dem Abschied noch zeigte.

Ein Freund von ihr experimentiere nämlich beim Entwickeln mit extremen Verfärbungen und Verfälschungen. Vielleicht bahnt sich da schon der nächste Eskalationstufe meines neu entdeckten Analog-Foto-Hobbys an...