Dank Stadia wurde ich zum Cloudgaming-Experten
Januar 2023
Irgendwie bin ich in den letzten zwei Jahren zum Cloudgaming-Experten geworden, habe mehrere Artikel darüber geschrieben und war in zahlreichen Podcasts zu Gast.
Dabei hatte ich mit Cloudgaming eigentlich nie viel am Hut, abgesehen von hämischen Tweets über Google Stadia. Mir war sofort klar (Achtung, jetzt kommt das besserwisserische "told you so"), woran Googles ambitionierte Pläne einer Gaming-Plattform mit Milliarden von Kund*innen scheitern könnten. Und so kam es dann auch. (Told you so.)
Während für Stadia also heute Schluss ist, frage ich mich: Wie hat das eigentlich angefangen, dass ich immer wieder über Stadia schreibe?
Januar 2021
Ich selbst bin nur für einen Artikel in der Mac & i in die Cloud gegangen, und das war nicht mal meine Idee. Als Autor war ich damals für halbseitige Gaming-Reviews in dem Apple-Magazin aus dem Heise-Verlag zuständig.
Mein zuständiger Redakteur Holger Zelder fragte mich irgendwann im Januar 2021, ob ich nicht mal ein paar Cloudgaming-Dienste testen wolle, schließlich gäbe es ja keine andere Möglichkeit, Cyberpunk 2077 etc. auf macOS zu spielen...
Juni 2021
Eine Nvidia-Marketingpräsentation, das erste Mal Cyberpunk 2077 auf einem Mac spielen, und zwar mit Stadia auf einem alten Macbook Pro von 2011 oder 2009 oder so, und ein Interview mit dem Magenta-Gaming-Chef-Ausdenker Dominik Lauf später war der Artikel fertig und das Thema für mich an sich abgehakt. (Das Heft erschien zwar erst im August, aber abgehakt ist abgehakt).
Juli 2021
Außer, dass man als Freelancer (was ich damals noch war) die Kuh immer so lange melken muss, bis kein Content mehr rauskommt, also rüber zu Manuel Fritsch, der bei Insert Moin aus Content leckere Croissants, ich meine Podcasts macht.
Im Insert Moin Discord gab es damals schon einige Cloudgaming-Fans und da ich sowieso gerade im Thema war, habe ich mit Manu nochmal ein Gespräch über den damals aktuellen Stand des Marktes aufgenommen.
Spätestens mit diesem Podcast begann sich meine Einstellung zum Cloudgaming, also dem Streamen von Spielen über das Internet, zu ändern. Im Gegensatz zu Stadia und Magenta Gaming schlich sich Geforce Now nach dem Test in meinen Alltag. War einfach bequemer, so ab und zu mal eine Runde Phasmophobia vom Macbook Air (2020) aus zu spielen, statt den PC zu starten.
August 2021
Kurz zuvor hatte mich Stefan Dehnert von der ersten deutschsprachigen Cloudgaming-Talkshow (Quelle: Cloudplay) Cloudplay angeschrieben. Obwohl ich die Jungs nicht kannte, fand ich sie ziemlich sympathisch und hatte das Gefühl, mit meiner Skepsis ihrem Hype etwas entgegensetzen zu können, das nicht in einer verbalen Kneipenschlägerei endet. Hat es auch nicht. (Told you so.)
Von da an entstand ein Kontakt zu Stefan und der Cloudgaming-Community – inklusive dem Versprechen, in einem Jahr noch mal über den Stand von Stadia zu sprechen. (Ihr ahnt wie das ausgegangen sein wird...)
September 2021
Gut war's immer noch nicht, jetzt war ich irgendwie warm gepodcastet und habe dann gleich noch im September beim hauseigenen Podcast der Mac & i vorbeigeschaut und meinen Artikel noch einmal Revue passieren lassen.
Nach dem Podcast-Hattrick hätte es auch mal wirklich gut gewesen sein können, all meine Gedanken und Erkenntnisse über den Cloudgaming-Markt und seine zahlreichen Anbieter waren auf Papier und in Mikrofone gekippt.
Februar 2022
Und dann kündigte die Telekom an, ihren Cloudgaming-Dienst Magentagaming einzustellen. Den fand ich nicht nur besonders spannend, weil er vor allem mit deutschen Indie-Entwickler*innen zusammenarbeitete (zu denen ich als Spielejournalist eh immer einen Draht hatte), sondern auch, weil ich die Telefonnummern von allerlei beteiligten Parteien noch irgendwo rumliegen hatte. (s.o.)
Herausgekommen ist eine Reportage über das Scheitern eines deutschen Innovationsprojekts, aus dem wir einiges über das Scheitern von Spieleplattformen von Technologieunternehmen hätten lernen können. (Told you so.) Aber.
September 2022
Die Nachricht vom Ende von Stadia kam plötzlich. Dass ich trotzdem flott einen soliden Dreiseiter auf Golem.de veröffentlichen konnte, lag nicht an meinen magischen Schreibkünsten, sondern daran, dass ich mich seit nunmehr anderthalb Jahren immer wieder und aus verschiedenen Perspektiven mit dem Thema beschäftige. Die Quellen und Analyse waren längst da, als ich mit dem Schreiben begann.
November 2022
Jetzt war ich wieder richtig im Groove – auch weil die Leser*innen von Golem.de unerwarteterweise plötzlich total an Stadia interessiert waren. Im Herbst wollte ich deshalb mit ein paar betroffenen Entwickler*innen sprechen, denen Google einfach so eine Einnahmequelle unter dem Hintern wegzieht.
Dank dem Netzwerk des Cloudplay-Team bin ich dabei mit noch mehr Entwickler*innen in Kontakt gekommen, als nötig gewesen wäre. Da war sie wieder, die Content-Kuh, mit Content in Form von Interviews.
So entstand ein weiterer Artikel, in dem ich der Untergangsstimmung eine andere Perspektive abgewinnen konnte, nämlich eine hoffnungsvolle. Auch wenn bei Magenta und Stadia alles irgendwie schief gelaufen ist, hatte mich Cloudgaming längst so überzeugt, dass mein eigener Gaming-PC in einem Umzugskarton auf dem Zwischenboden verstauben durfte.
Januar 2023
Und jetzt? Ein richtiger Cloudgaming-Enthusiast bin ich nicht geworden, aber ein regelmäßiger Nutzer. Mit der kleinen Xbox Serie S probiere ich Game-Pass-Spiele gerne per Stream statt Download aus, der Gaming-PC bleibt eingemottet und wurde komplett durch Geforce Now auf dem Macbook ersetzt.
An dem Tag, an dem dieser Blogpost erscheint, wird Google Stadia abgeschaltet. Schade, aber selbst schuld. (Told you so.) Zum Abschied muss ich mich dann doch bedanken – nicht bei Google, sondern bei den Leuten, mit denen ich und die mit mir über die spannende Nische des Cloudgaming gesprochen haben.
Und nächstes mal erzähle ich dann, wieso ich dauernd über NFTs schreibe...
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